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Zentrum für Verbraucherschutz und verletzliche Verbraucher

Was sind verletzliche Verbraucher?

Als verletzliche Verbraucher werden Menschen fokussiert, die aus unterschiedlichen Gründen in ihrer Rolle als Verbraucher und Käufer Unterstützung bedürfen und deshalb verletzliche Marktakteure sind.

Verletzliche VerbraucherInnen treffen teils aus Unkenntnis, teils durch fehlende Ressourcen, für sie nachteilige Konsum- und Kaufentscheidungen. Sie können die Herausforderungen des Alltags nicht immer adäquat meistern und sind anfälliger für Überschuldung und Manipulation.

Faktoren wie Krankheit, Alter, Lernschwächen, aber auch Veränderungen der Lebensumstände wie eine Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder finanzielle Schwierigkeiten können jeden von uns jederzeit zu einem verletzlichen VerbraucherInnen machen.

Diesen Gruppen fällt es schwer, adäquate Handlungsoptionen auf die Herausforderungen der Alltags- und Lebensökonomie anzuwenden, sei es aus Unwissenheit oder fehlender Verhaltenskontrolle. Sie geraten dadurch in Gefahr, vom sozialen und wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen zu werden, sei es durch Überschuldung, Krankheit oder mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten.

Forschung

Konsumentenverhalten:

Um Menschen dabei zu unterstützen, ihre Ziele und Interessen im Markt durchzusetzen, ist Wissen über die Art und Weise, wie wir Entscheidungen treffen, notwendig. Nur wenn wir verstehen, in welchen Situationen und durch welche Einflüsse wir zu Entscheidungen verleiten werden, die wir gar nicht treffen wollten, können wir uns davor schützen.

Denn im Prinzip kann jeder Mensch in bestimmten Situationen zu einem verletzlichen VerbraucherInnen werden:

Zum Beispiel bei Kaufentscheidungen, in denen uns das Wissen fehlt, um die unterschiedlichen Alternativen auch einschätzen zu können. Hier müssen wir die Entscheidung in der Regel mit Informationen aus anderen Quellen treffen, deren Vertrauenswürdigkeit wir nicht immer gut einschätzen können – und die uns so manipulieren könnten. Manche Menschen haben so etwas zum Beispiel bei finanziellen Investitionen erlebt, für die sie verschiedene Quellen im Internet recherchiert haben, dann aber in der Flut der Informationen kurzfristig und verlustreich entschieden haben. Aber auch Stress und Zeitnot können uns im Alltag daran hindern, eine Entscheidung und ihre Konsequenzen abzuwägen – was zu spontanen Käufen führen könnte, die wir im Nachhinein und mit etwas mehr Überlegung so nicht getroffen hätten.

Es gibt aber auch Gruppen, die über einen längeren Zeitraum verletzlich bleiben: Krankheit, Alter, Lernschwächen, aber auch Veränderungen der Lebensumstände wie eine Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder finanzielle Schwierigkeiten können jeden von uns jederzeit zu einem verletzlichen VerbraucherInnen machen. Auch hier hilft uns ein Verständnis der Entscheidungsprozesse dabei, diese Gruppen in ihrer Verbraucherkompetenz zu unterstützen – oder ihre Rechte durch politische Maßnahmen zu wahren.

Konkrete Fragen, die sich das Forschungszentrum in diesem Feld stellt, sind zum Beispiel:

  • Manchmal treffen wir in bestimmten Situationen Entscheidungen, die eigentlich unseren eigenen Zielen widersprechen (Wir möchten die Umwelt schützen, aber im Geschäft greifen wir dann doch eher zur Plastikkaffeebecher statt zum Mehrwegbecher). Was ist der Grund für diese Divergenz? Und wie können wir selbst diesen Unterschied auflösen?
  • Welchen Einfluss haben Informationen (z.B. Lebensmittelampel) oder Gütesiegel (z.B. Biosiegel) in der Situation, in der die Entscheidung getroffen wird?
  • Wenn immer mehr Bankfilialen geschlossen werden, müssen auch diejenigen, die das eigentlich nicht wollen, immer öfter auf Online-Services zurückgreifen. Wie können jüngere und ältere Menschen mit diesen Angeboten umgehen? Welchen Einfluss hat das auf ihre Finanzentscheidungen?
  • Kinder beginnen meist schon ab sechs Jahren damit, selbst einzukaufen. Wie können Kinder dabei unterstützt werden, nicht auf Fallstricke im Laden reinzufallen?

Handel:

Der Handel hat nicht nur ein natürliches Interesse, möglichst viel zu verkaufen. In der Regel möchten Händler auch eine gute Beziehung zu ihren Kunden aufbauen: Denn oft kommen nur so die Kunden gerne wieder und der eigene Erfolg kann langfristig gesichert werden. Gleichzeitig müssen Händler schon heute eine Vielzahl an Bestimmungen beachten, die Verbraucher schützen und ihnen dabei helfen, kompetente (ihren eigenen Zielen entsprechende) Kaufentscheidungen zu treffen. Deshalb stellen sich hier zwei zentrale Fragen, die das Forschungszentrum untersucht: Durch welche Maßnahmen können Händler ihre Kunden unterstützen, kompetente Kaufentscheidungen zu treffen? Und wie müssen Bestimmungen und Gesetze durch die Politik und Verbände kommuniziert werden, um den Händlern ihre Umsetzung zu erleichtern.

Ein Beispiel für die erste Frage sind junge Familien, die mit Kindern einkaufen. Studien zeigen, was viele Eltern wissen: Kinder erfordern auch beim Einkaufen viel Aufmerksamkeit, die dann von der Kaufentscheidung ablenkt – eine Abwägung von Produktalternativen wird so schwieriger. Händler können diese Gruppe unterstützen, in dem das Geschäft so gestaltet wird, dass möglichst wenig die Kinder ablenkt. Und das die Kinder aktiv beteiligt. So setzen einige Händler auf Familienkassen: Hier werden keine Impulsprodukte angeboten und eine kleine Stufe am Kassenband ermöglicht es den Kindern, beim Auspacken der Ware auf das Kassenband zu helfen.

Konkrete Fragen, die sich das Forschungszentrum in diesem Feld stellt, sind zum Beispiel:

  • Wie können digitale Systeme sowohl Händler als auch Kunden bei der Entscheidung unterstützen?
  • Welche Rolle spielen Verpackungen und welche Formen der Verpackungsmüllreduktion werden von Kunden wie Händlern akzeptiert?
  • Wie kann der Umgang mit Kundendaten so optimiert werden, dass nicht alle zur Verfügung stehenden Daten erhoben und gespeichert werden müssen?

Verbraucherbildung:

Verbraucherbildung zielt auf einen Konsumenten, der seine Ziele sachkritisch und wertverpflichtet bestimmt und sich dabei für seine Zielerreichung verantwortlich zeigt. Verbraucherbildung ist als lebenslanger Prozess zu verstehen. Sie beginnt in frühesten Jahren und möchte sowohl auf aktuelle als auch auf künftige Herausforderungen im Privat- wie auch im Berufsleben vorbereiten.

Indem über konsumbezogene Inhalte informiert wird und Kompetenzen im Sinne eines reflektierten und selbstbestimmten Konsumverhaltens erworben werden, soll eine Haltung aufgebaut werden, die erworbenen Kompetenzen im Zusammenhang mit Konsumentscheidungen als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher heranzuziehen und zu nutzen.

Konkrete Fragen, die sich das Forschungszentrum in diesem Feld stellt, sind zum Beispiel:

  • Wie können ältere Bürgerinnen und Bürger informiert und gebildet werden, damit sie auch weiterhin an einer zunehmend digitalen Welt partizipieren können? Welche Bildungsformen und Bildungsmedien unterstützen beispielswiese die Teilhabe mit Blick auf die Erledigung finanzieller Aufgaben?
  • Wenn Daten das neue Öl der Gesellschaft sind, stellt sich die Frage, wie Bürgerinnen und Bürger zielgerichtet zum Umgang mit ihren Daten aufgeklärt und gebildet werden können? Dazu ist es u.a. notwendig Verbraucherkompetenzen in diesem Bereich zu diagnostizieren und zu messen.
  • Was lernen Zuschauer von Infotainment-Formaten wie WISO oder RAUS AUS DEN SCHULDEN? Inwieweit können sie das erworbenen Wissen auf ihre persönliche Situation übertragen?
  • Welche digitalen Bildungsmedien unterstützen am besten die Verbraucherbildung von Kindern und Jugendlichen?
  • Wie können Bürgerinnen und Bürger zielgerichtet über neue Gesetze, wie z.B. die DSGVO informiert werden?

Projekte

Im Rahmen von verletzlichen Verbrauchern finden mehrere Projekte statt. Eins dieser Projekte fokussiert die Kinderkaufkompetenz.

Kinder tätigen oder beeinflussen schon in jungen Jahren Kaufentscheidungen – und werden in dieser Rolle von Unternehmen wahrgenommen und angesprochen. Bereits ab einem Alter von etwa einem Jahr wirken Kinder auf Konsum- und Kaufentscheidungen ein: Sie artikulieren Wünsche und beeinflussen die Kaufentscheidungen anderer. Produkteigenschaften und Preis moderieren die Stärke dieses Einflusses. Eigene Kaufentscheidungen treffen Kinder in der Regel ab dem sechsten Lebensjahr. Kindern zwischen 6 und 13 Jahren stehen dafür, laut der Kinder-Medienstudie 2017, durch Taschengeld oder Zuverdienste durchschnittlich 27 € im Monat pro Kind zur Verfügung. Davon erwerben Kinder Produkte zum Eigennutzen oder gezielt für andere Personen. Welche Produkte Kinder bevorzugen, ist von Geschlecht und Alter abhängig.

Da Hersteller und Händler versuchen, Kinder zum Kauf ihrer Produkte zu bewegen, sollen Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Medienbildung die Zwecke medialer Aussagen unterscheiden und ihre Wirkung auf Adressaten einschätzen lernen. Dies trifft insbesondere auf Fernsehwerbung zu, da es gerade in diesem Medium eine bedeutende Anzahl direkt an Kinder gerichteter und auf sie zugeschnittener Werbung gibt. Am Point of Sale werden eine Vielzahl von Produkten angeboten, die durch entsprechende Verpackungsgestaltung, ihre Haptik oder durch ihre Benennung gezielt auf Kinder als Käufer abzielen. Schließlich jedoch kommen Kinder nicht nur mit direkt auf sie zugeschnittenen Marketingbotschaften in Kontakt, sondern rezipieren Werbebotschaften und andere Marketingaktivitäten, die eigentlich auf Erwachsene zielen.

Zwar gibt es eine Reihe von Studien zu einzelnen Aspekten, von denen angenommen werden kann, dass sie mit Kaufentscheidungen von Kindern assoziiert sind. Die Frage, inwieweit sich die einzelnen Fähigkeiten im Sinne der Kaufkompetenz auf Kaufentscheidungen von Kindern auswirken, wurde bisher aber noch nicht untersucht. Zudem wurden bisher weder das Kaufverhalten noch die Kaufentscheidungsprozesse von (Schul-)Kindern umfassend analysiert. In einer ersten qualitativen Studie wurden die an Kinder in Kaufsituationen gestellten Herausforderungen identifiziert und qualitative Hinweise auf die Binnenstruktur der Kaufkompetenz ermittelt, um so den Begriff der Kaufkompetenz zu erarbeiten. Die so gefundenen Dimensionen sollen nun in einer größeren Stichprobe quantitativ abgesichert und ihre Bedeutung für das kurzfristige Verhalten in der Entscheidungssituation analysiert werden.

Univ.-Professor Dr. Hanna Schramm-Klein

Raum: US-A-143   
Telefon: 0271-740-4281
E-Mail: schramm-klein@marketing.uni-siegen.de

 
 
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